Tierschutzhunde – Schicksale auf vier Pfoten?

Vier Beine und ein Happy End

Warum man Hunde aus dem Tierschutz nicht verhätscheln sollte – und wie man einem Hund mit Vergangenheit eine glückliche Zukunft gibt.

Wenn Fips, mein Terrier-Mix mit dem drahtigen Haar, mal wieder arg widerborstig ist, möchte ich am liebsten zu ihm sagen: Weißt du eigentlich, wie gut du es hast?

Als Hunde-Fan interessiert mich nicht nur die heile Welt, in der Fips und ich leben (von den zerbissenen Hausschuhen mal abgesehen), sondern auch das Schicksal von Hunden, die unter ganz anderen Umständen leben müssen.

Glücklicherweise kümmern sich einige Menschen um verwahrloste oder heimatlose Hunde, die in vielen Ländern der Welt ein trauriges Dasein fristen müssen.
Immer mal wieder schaue ich mir Websites von Tierheimen oder Hunderettern an. Ob bei uns ausgesetzt, abgegeben, aus dem Tierlabor oder aus dem Ausland – womöglich noch aus der Tötungsstation gerettet –, die Schicksale dieser Hunde berühren mich sehr.

Dann werde ich nachdenklich und überlege, ob ich nicht doch noch die Zeit, das Geld und das Herz habe, um einen weiteren Hund aus dem Tierschutz aufzunehmen.

Tja, ich bin hin- und hergerissen. Denn einerseits wüsste ich, dass ich einem Hund ein besseres Leben ermöglichen könnte. Aber andererseits zweifle ich, ob ich diesem zweiten Hund gerecht werden kann.

Denn ich weiß genau: Solch ein Hund mit Vergangenheit braucht nicht nur einen sicheren Schlafplatz, Futter und ein bisschen Liebe, sondern besonders viel Aufmerksamkeit, Zeit und Geduld.
Lars, mein netter Nachbar mit der betagten Dalmatinerhündin, denkt über einen Hund aus dem Tierheim nach. Wenn seine Nala einmal in die ewigen Jagdgründe gegangen ist.

„Ein Leben ohne Hund ist wie ein Leben ohne Herz“, sagte er kürzlich zu mir, um mir seine große Liebe zu den Vierbeinern zu demonstrieren. Manchmal denke ich insgeheim, ein Leben ohne Hund ist auch ein Leben ohne Hundehaare, aber dann habe ich bloß einen schwachen Moment.

Hunde aus dem Tierschutz

Gemeinsam mit Lars tausche ich mein Wissen über Hunde aus dem Tierschutz aus. Ein solches Schicksalstier hat meist schon einiges erlebt und bringt Erfahrungen mit, die wir nur erahnen können. Deshalb ist es dann wichtig, den neuen Fellbewohner genau im Auge zu behalten. Mag sein, dass er sich im Heim oder beim Probe-Gassi-Gehen ganz anstellig zeigt. Erst zuhause aber können wir den wahren Charakter und die Auswirkungen seiner Vorgeschichte besser einschätzen. Beobachten, worauf er reagiert, was ihm Angst macht, was ihn motiviert. Mit viel Einfühlungsvermögen kann man einen solchen Hund dann lenken.

Ein Hund braucht einen Rudelführer.

Auch wenn wir einen geschundenen Hund am liebsten nur verhätscheln würden, wäre dies eine weitere Qual für das Tier. Ohne konsequente Ansagen wird jeder Hund ganz schnell ganz unglücklich.

Tausend Leckerlis werden ihn nicht ändern – aber tausend Minuten, die man in sein Training investiert, werden das Beste aus ihm herausholen. Zur Belohnung darf’s dann natürlich schon ein Leckerli geben…

Eine neue Phase beginnt, hat sich der neue Liebling erst einmal eingewöhnt. Denn Sie denken, Sie würden Ihren Hund nun kennen. Weit gefehlt – er fühlt sich nun sicherer und zeigt wiederum neue Eigenschaften, die nicht unbedingt mit Ihrer Vorstellung vom Traumhund übereinstimmen.

Plötzlich ist der Briefträger der erklärte Feind, der Radfahrer eine Jagdtrophäe, der harmlose Nachbarshund ein unerwünschter Nebenbuhler. Eine eigentlich alltägliche Situation, eine Handbewegung oder ein Geräusch kann unerklärliche Angst oder sogar Aggression auslösen. Genaues Beobachten und sensible Führung sind die Lösung.

„Ich hab’ richtig Lust darauf, wieder mit einem Hund zu trainieren,“ sagt Hundenarr Lars. Klar, seine Nala ist eine alte Dame, die nur noch recht langsam mit ihm Gassi geht. Wer die beiden kennt, weiß jedoch, was für ein tolles Team sie sind und wie viel Action sie gemeinsam gemacht haben.

Ich hingegen habe noch ganz schön Action mit dem flippigen Fips vor mir, bevor ich mich einer weiteren Verantwortung stelle. Allerdings freue ich mich jetzt schon für den Hund, der irgendwann einmal bei meinem Nachbarn einziehen darf. Er wird auf ein perfektes Herrchen treffen. Denn Lars’ Lebensweisheit lautet: „Ein Hund kann nicht wie ein Mensch denken. Aber ein Mensch kann wie ein Hund denken.“ Das ist der Beginn einer großen Freundschaft mit Happy-End-Garantie – besonders für einen geretteten Hund.

 

 

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