Die ersten Wochen mit einem Tierschutzhund: Unser Erfahrungsbericht

Einen Tierschutzhund zu uns zu holen – die Idee hatten wir schon mindestens ein Jahr, aber irgendwie war der Zeitpunkt nie der richtige. Trotzdem hielten wir die Website des hiesigen umtriebigen Tierheims über Monate im Auge. Wir sahen tolle Hunde, die schnell in ein neues Zuhause vermittelt wurden und fuhren im Februar schließlich einfach mal hin.

Der aktive Bordercollie-Mix, den wir ansehen wollten, war schon vergeben – aber die Tierheimleitung hatte telefonisch schon angekündigt, dass sie einen Kandidaten für uns haben könnte. Im Zwinger hinten links kam uns dann schüchtern und vorsichtig wedelnd ein junger Sennenhund-Mix entgegen, mit großen Pfoten und einem Welpengesicht hinter den Gitterstäben. Beim zweiten Besuch legte er sich zu unseren Füßen ab, beim dritten begrüßte er uns schwanzwedelnd an der Pforte des Tierheims. Die Entscheidung stand im Prinzip schon nach der ersten Begegnung fest.

Hund aus dem Tierheim: Und schon ist er eingezogen

Keine drei Wochen später zog Cato bei uns ein. Die Platzkontrolle des Tierheims fand mittwochs statt und am Donnerstag holten wir ihn ab. Weil wir nicht wussten, ob wir ihn bekommen – wir hatten keine Erfahrung mit der Vermittlung – hatten wir noch kaum etwas eingekauft, die Näpfe waren noch nicht da, das Hundebett noch nicht einmal bestellt. Für mich, die immer gern und gut vorbereitet ist, war das jenseits der Komfortzone. Also bauten wir ein Bett aus alten Decken und stellten Töpfe als Napfersatz auf die Fliesen in der Küche.

Junger Hund im neuen Zuhause: der Klo-Knoten

Unser Hauptanliegen, als wir mit Cato im Auto in den Hof fuhren: Der muss bestimmt aufs Klo! Wir führten ihn zum ersten Mal überhaupt in den Garten – wo alles andere, Amseln! Der Geruch von Mäusen! Der abgebrochene Apfelbaumzweig! interessanter war. Also unverrichteter Dinge wieder ins Haus. Die Uhr stets im Blick. Wie lange können junge Hunde eigentlich einhalten?

Diese anfänglichen Momente fand ich tatsächlich am stressigsten: Der Hund, der nicht pinkeln will oder kann. Unsere Treppen, die wir immer wieder überwinden müssen – mit dem Hund, der noch keine Stufen gehen kann – und der mit über 20 Kilo auch kein Leichtgewicht mehr ist. Dann hatte er Angst vorm Flur und wollte nicht aus dem Schlafzimmer und die Wohnung verlassen. Mehrfach verfrachteten wir ihn am ersten Tag in den Garten. Immer ohne Erfolg. Es zeigte sich, dass Cato den Jahrhundertschließmuskel hat – er blieb die ganze Nacht dicht: Erst am Folgetag entdeckte er sein Klo. So kommt’s, dass Hundeexkremente und ihre Frequenz auf einmal zum Gesprächsthema am Esstisch werden. Neuhundebesitzer, eben.

Der Klo-Knoten löste sich innerhalb weniger Tage: Cato verstand, dass der Flur nicht beißt. Und als wir mit dem Bau der Rampe für die Treppe fertig waren, konnte er die Stufen schon gut hochsteigen.

Schnell zeigte sich auch, dass Catos Aktivitätslevel eher mäßig ist und er das warme Hundebett dem spätabendlichen Gang in den Garten vorzieht. Spaziergänge bei Wind, Regen und Kälte? Muss auch nicht sein: Wir müssen den Hund bei schlechtem Wetter und am Abend fast aus dem Haus tragen, damit er sich erleichtert.

Hunde-Eigenschaften: sehr, sehr clever – und sehr, sehr bequem

Dafür hat er andere Leidenschaften: Mit seiner Mitarbeit können wir bald einen Brennholzhandel eröffnen. Er liebt Stöcke, sammelt sie im Wald mit Leidenschaft und Präzision und trägt sie ausdauernd in den Garten, wo er seine Beute in verschiedenen Schatzkammern hortet.

Überhaupt lernt und versteht er in einer irrwitzigen Geschwindigkeit. Sitz, Platz, Stopp, Bleib, Nein, Aus, Komm, Fuß: Was andere Hunde tagein tagaus trainieren, versteht Cato mit drei Wiederholungen. Die Ausführung hängt dann davon ab, ob er es für eine gute Idee in diesem Moment hält…. Und da sieht man, dass jedes Ding zwei Seiten hat. Denn wir waren im Tierheim beeindruckt, dass er sich im größten Trubel des Eingangsbereichs mit vielen Menschen und anderen Hunden einfach abgelegt hat. Ein Hund, der Ruhe bewahrt und sich selbst regulieren kann? Auf jeden Fall. Cato nutzt das Ablegen aber auch strategisch – etwa, wenn er lieber seine Schatzkammer verwalten will als wieder ins Haus zu gehen.

Die Unterschiede in Hunde- und Pferdeerziehung

Apropos Hundeerziehung: Eigentlich habe ich erwartet, dass ich die solide unter den Füßen habe. Schließlich habe ich ein Pferd. Und wer 600 Kilo Lebendmasse mit eigenem Willen erziehen kann, der hat doch mit 30 Kilo keine Probleme. Nun ist es in der Tat so, dass mir mein Pferd die Hundeerziehung leichter macht: Ich weiß, wie Tiere lernen und habe ein gutes Gespür für das Timing, so dass eine klare Kommunikation samt Körpersprache kein Thema ist. Ich weiß auch genau, wie Cato erzogen werden soll – sprich ich habe eine klare Orientierung im Dschungel der diversen Hundetrainingsmethoden. Worauf mich das Pferdetraining aber nicht vorbereitet hat, sind Hundeblicke. Wo ich beim Pferd eisern konsequent bleiben kann, verlässt mich beim Hund manchmal der Wille oder ich muss lachen, wenn er wie ein Känguru mit hochgeklappten Fledermausohren Bocksprünge macht statt brav neben mir mitzulaufen.

Fakt ist aber auch: Cato macht es uns in vielen Dingen einfach sehr leicht. Nervige Verhaltensweisen – in die Wohnung pinkeln, Besucher anspringen, Postboten verbellen, Möbel anfressen, in die Leine beißen: fast Fehlanzeige. Meine grünen Filzschlappen würdigt er nach einer strengen Ermahnung keines Blickes mehr. Die Tochter einer Freundin, die Angst vor Hunden hat, verbrachte den halben Abend neben ihm sitzend auf den Holzdielen im Flur. Er hätte das Zeug zum Therapiehund. Nur am blauen Teppich in der Diele hat er einen Narren gefressen und deswegen jetzt dauerhaftes Blauer-Teppich-Verbot.

Sechs Wochen mit Junghund: unser Fazit

In den rund sechs Wochen, seitdem Cato bei uns ist, hat sich einiges getan. Nicht nur, dass er ein gutes Stück gewachsen und breiter geworden ist. Ehemals schüchtern, kann er jetzt auch mal aufdrehen. Er kommuniziert ganz klar, wenn er denkt, dass es jetzt Zeit zum Spielen ist. Trägt einen Stock mit geschwellter Brust, kugelt sich im Gras, stapft durchs Unterholz oder buddelt voller Wonne in einem Sandberg.

Und wir? Bei uns sammeln sich jetzt Nester von Hundehaaren in den Ecken, wenn man nicht jeden Tag den Staubsauger anwirft. Der Hundefuttersack versperrt den Mülleimer dauerhaft. Unsere Tage sind getaktet mit den Gassigehzeiten. Worauf man sich aber auch immer verlassen kann, sind die kleinen Momente der Freude, die zahlreichen lustigen Überraschungen im Alltag und den Fakt, dass man jeden Tag garantiert etwas zu Lachen hat.

 

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