Oh nein, mein Hund geht seinem Jagdtrieb nach!

Beagle Tom hat sein Herrchen schon wieder im Regen stehen lassen. Beim morgendlichen Spaziergang im Wald hat er eine Fährte aufgenommen und weg war er – die Rufe seines Zweibeiners hat er ignoriert. Eine halbe Stunde später hat ihn sein Besitzer hechelnd wieder eingesammelt. Tom hat eben einen ausgeprägten Jagdtrieb. Und das ist ein Problem.

An sich ist der Jagdtrieb nichts Besonderes: Alle Hunde besitzen ihn, allerdings hängt seine Ausprägung von Zucht und Rasse ab. Natürlich haben Jagdhunde einen stärkeren Trieb als zum Beispiel Gesellschafts- und Begleithunde. Die Zucht hat bei der Selektion auf gewisse Verhaltensweisen besonderen Wert gelegt: Dazu zählen das Orten und Fixieren der Beute, das Anpirschen und schließlich die Hetze, das Packen und Töten des Beutetiers. Hunde mit hohem Jagdtrieb zeigen genau diese Verhaltensweisen.
Insgesamt haben Jagdhunde oft längere Hängeohren und lange Nasen, wie Dackel, Deutsch Drahthaar, Beagle oder Greyhound.

Jagdtrieb: Woher kommt er?

Der Jagdtrieb ist ein Instinkt und genetisch im Hund, einem Beutegreifer und Fleischfresser, verankert. Schließlich war er zum Überleben notwendig, auch wenn wir für unsere Hunde heute die Nahrungsversorgung übernehmen.
Der Jagdtrieb gehört wie Territorial-, Sexual- und Rudelinstinkt zu den Urinstinkten. Er entwickelt sich schon früh zwischen der achten und sechzehnten Lebenswoche eines Welpen. Ist der Hund zwischen einem halben Jahr und acht Monaten alt, verfestigt er sich. Eine Kastration hat übrigens keinen Einfluss auf den Jagdtrieb, da sie in erster Linie sexuelles Triebverhalten dämpft.

Der Jagdtrieb eines Hundes zeigt sich aber nicht erst dann, wenn er auf dem Spaziergang abhaut, um einem Hasen oder einem Reh nachzustellen. Die spielerische Jagd von anderen Hunden oder kleinen Tieren wie Vögel und auch das Buddeln im Boden, um Mäuse aufzuspüren gehören bereits dazu.

Jagen ist für Hunde nicht nur als Überlebensnotwendigkeit angelegt. Es ist selbstbelohnend auch ohne erfolgreiche Beute: Schon die Hetze setzt Endorphine frei und vermindert das Schmerzempfinden, der Hund blendet andere Reize aus. Das ist auch sinnvoll, denn in der Natur führt nicht jede Jagd zum Erfolg – trotzdem soll der Hund (Wolf) motiviert bleiben und es weiter versuchen, schließlich will er ja überleben.

Jagdtrieb: Wie wird man ihn wieder los?

In unserer Welt ist unerwünschter Jagdtrieb ein Problem. Nicht nur für Wildtiere – schließlich kann ein Hund durchaus auch Autos oder Joggern nachstellen. Und dann wird es für Mensch und Tier schnell unangenehm oder sogar gefährlich.

Wir können den Jagdtrieb nicht einfach abstellen, aber wir können ihn durch Erziehung und Beziehungsarbeit kontrollieren. Wie gut das gelingt, hängt von zwei Faktoren ab.

  1. Die Rasse. Ist ein Hund für die Jagd gezüchtet worden, ist das Begrenzen seines Triebs eine echte Herausforderung
  2. Die Erfahrung. Hat der Hund schon oft gejagt, wird es schwierig, ihm das wieder abzugewöhnen.

Nur wer den Jagdtrieb im Griff hat und seinen Hund abrufen kann, kann ihn frei laufen lassen. Was einen Hund vom Jagen abhalten kann, ist eine starke Bindung zu seinem Herrchen oder Frauchen. Diese Bindungsarbeit hat drei zentrale Elemente: Talente fördern, früh anfangen sowie angepasstes, abwechslungsreiches Training.

Talente fördern
Jeder Hund ist anders und hat seine eigenen Talente. Auf die muss sich ein gutes Training ausrichten. Wer versucht seinen Hund in etwas zu verwandeln, das er nicht ist, kann sogar Aggressionen und Krankheiten verursachen. Der Hund sollte also gemeinsam mit dem Herrchen seine Fähigkeiten ausleben können und Erfolgserlebnisse haben.

Früh anfangen
Wichtige Lernprozesse eines jungen Hundes finden während der Sozialisierungsphase bis zur 16. Lebenswoche statt. Deswegen setzt ein erfolgreiches Anti-Jagdtraining bereits im Welpenalter an. Es ist auch deswegen sinnvoll, weil der junge Hund dann meist noch keine Erfahrung im Jagen sammeln konnte – und entsprechend auch keine Erfolge.

Auslastung und Abwechslung
Wenn Hunden langweilig ist, kommen sie schon mal auf Ideen, die der Mensch nicht ganz so toll findet. Deswegen ist es wichtig, seinen Vierbeiner auszulasten und mit Spielen und Spaziergängen für ausreichend Bewegung zu sorgen.
Zentral im Training sollten zwei Aspekte sein: Der Hund soll in verschiedenen Situationen ansprechbar und damit abrufbar sein. Außerdem soll er die Erfahrung machen, dass es sich lohnt aufmerksam zu sein und den Kontakt zum Zweibeiner aufrecht zu erhalten, statt einfach im Wald zu verschwinden.
Fährtenarbeit und Apportier-Übungen sind gerade für Jagdhunde ideal, da sie ihre Neigung berücksichtigen, den Trieb kanalisieren und dem Hund zugleich zeigen, dass er schon jagen darf – aber eben gemeinsam mit dem Zweibeiner und sozusagen unter Aufsicht. Gerade beim Apportieren lernt der Hund, dass das Zurückbringen des Spielzeugs die Belohnung bringt und nicht das Abhauen mit der Beute.

Versteckspiele können ebenfalls genutzt werden, um dem Hund zu zeigen, dass er sein Herrchen und Frauchen besser im Auge behält, und nicht anders herum. Werden Versteck- und Suchspiele noch mit Leckerli belohnt, erhöht sich der Spaßfaktor und der Anreiz für den Hund weiter.
Auch die Schleppleine am Geschirr ist eine gute Möglichkeit für Anti-Jagdtraining: Sie gewährt dem Hund große Freiheit und dem Zweibeiner die Möglichkeit der Kontrolle. Der Kontakt kann dabei immer aufrecht erhalten werden. Toms Herrchen zum Beispiel ruft den Beagle jetzt immer ab, bevor dieser das Ende der Leine erreicht hat.

 

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